Tilen Sepič ist Designer, Künstler und Forscher. In seiner transdisziplinären Praxis setzt er sich mit Natur- und Sozialwissenschaften, Material- und Technologieentwicklungen, ethischen und ästhetischen Fragestellungen auseinander. Er analysiert Materialeigenschaften und Wirkzusammenhänge, Schlüsselfunktionen und Systemstrukturen, wissenschaftliche und technische, physische und sinnliche Phänomene. Seine Bilder, Objekte und Installationen sind Illustrationen, Sinnesfelder und Wahrnehmungsräume, die komplexe Zusammenhänge aufschlüsseln und inszenieren. Ein Beispiel ist „Eclipse“ _ ein Leuchtenobjekt, das mit der An- und Abwesenheit von Licht spielt, wurde 2014 mit dem Londoner „darc award“ ausgezeichnet. „In meiner künstlerischen Auseinandersetzung mit Fotografie und Videografie wurde mir zunächst die Bedeutung von natürlichem Licht und später auch von elektrischem Licht deutlich. Mir gefällt das Medium, weil es nicht so „formal“ im Sinne des Materials ist. Es ist viel mehr als nur Material.“ Aktuell befasst er sich mit visuellen und nicht-visuellen Lichtwirkungen, d.h. er konzentriert er sich darauf, wie das Licht das Sehen, das Denken und das Befinden beeinflusst und wie es Stimmung, Erleben und Verhalten modifiziert.

Seit 2006 arbeitet er als freiberuflicher Designer, 2013 war er erstmals zu dem Festival SVETLONA GVERILA in Ljubljana mit einer Kunstintervention eingeladen, seitdem ist er regelmäßig auf Design-, Licht- und Wissenschaftsfestivals in Europa vertreten. „Mir gefällt an den Ausstellungen im öffentlichen Raum, dass sie für jeden zugänglich sind. Jeder kann die Arbeit erleben und allen gehört die Erfahrung mit der Arbeit _ so sollte es mit fast allen künstlerischen Formaten sein und auch mit allem Wissen sein.“

Die Kölner Installation „Licht-Oszillator“ war schon im Rahmen von SVETLOBNA GVERILLA Ljubljana [2016], LUMINA Cascais [2017] und LICHTUNGEN Hildesheim 2018 zu sehen. Die kinetische Installation ist inspiriert von der Beobachtung schwingender Systemen mit periodischem Verhalten wie es sie in Physik und Chemie, in der Biologie und in der Soziologie gibt. Es handelt sich mechanische Systeme, die kontinuierlich zwischen verschiedenen Zuständen pendeln. Technische Oszillatoren findet man in Mechanik und Elektrotechnik. Die Installation ist wie die Konstruktionszeichnung eines Oszillators aufgebaut. Sie besteht aus mehreren Lichtkugeln, die über einen je eigenen Lichtpuls verfügen. Ihr Leuchten kann ab und zu nehmen und folgt dabei einem sich regelmäßig wiederholenden Ablauf. Aufgehängt an den hohen Bäumen schweben die drei Lichtkugeln frei im Raum. Sie werden mithilfe eines Motors in Schwingung versetzt. So entstehen in räumlicher Nähe drei konische Pendel, die einander nicht berühren, aber je nach Standpunkt der Betrachtung, scheinen sich ihre Bahnen zu kreuzen. Es entsteht eine visuelle Spannung, die die technische Anordnung als ein ästhetisches Phänomen erfahrbar macht.

Der akustische Raum wird mit einer einander überlagernden Frequenzspektren bespielt und erzeugt eine Art abstrakten Umgebungsraum. Im Zusammenspiel erinnert es an das „Dream House“ [1993] von Marian Zazeela und La Monte Young, ein Licht- und Klang-Environment, das den audio-visuellen Raum mit Kompositionen aus Licht- und Ton-Frequenzen füllt. Seit Beginn der 19060er Jahre steht Licht, Farbe und Raum im Mittelpunkt der künstlerischen Praxis von Marian Zazeela. Sie erklärt, dass „der Klang und das Licht gemeinsam als neue Form oder neues Medium erlebt werden können: die Klang- und Lichtumgebung. Das gemeinsame Erleben der beiden Medien erfordert eine neue oder zumindest eine andere Art der Aufmerksamkeit.“ [Atlas Obscura: Dream House. No date given. Checked on 20.1.2018] Wie ihr Partner, der Komponist und Musiker Monte Young, experimentiert sie mit zeitlicher Dauer und periodischer Wiederholung. Die gemeinsamen, viel-stündigen Konzerte sind legendär: „Eine einstündige Komposition ist nichts im Vergleich zu einer sechs Jahr dauernden Komposition.“ [Randy Kennedy: Young and Zazeela’s “Dream House” Is Getting a New Lease at Dia. Checked on 2.4.2018.] Wie das „Dreamhouse“ erzeugt auch der „Lichtoszillator“ eine hypnotische Situation, die durch das synchronisierte, audio-visuelle Zusammenspiel über eine offene Zeitmenge hinweg entsteht. Die Augen folgen den endlosen kreisneden kreisenden Leuchtkörpern, die Ohren stimmen sich auf die Frequenzgefüge ein und der umgebende Raum wird zu einer Art Hülle für das Schwingungssystem.

Daher ist Auswahl des Standortes von großer Bedeutung. Es braucht lichte Höhe und Breite, um ausreichend Platz für die Pendelbewegungen und die Sichtbeziehungen zu schaffen. „Als Künstler versuche ich mit dem vorhandenen Raum zu arbeiten und sein Potential zu nutzen, um eine andere Geschichte in der Zeitlinie dieses Raumes zu erzeugen. Ich versuche mich mit meinen Interventionen möglichst nahtlos in einen Raum einzufügen.“

Alle Statements: Tilen Sepič. Text: Bettina Pelz. Köln, 15. März 2018